Beten für die Menschen in der Ukriane

Dr. Michael Krapp zur Friedensdemo am 28. 2. 2022 auf dem Kirchplatz Ilmenau

Niederlegen der Blumen
Niederlegen der Blumen

Wir sind alle geschockt vom plötzlichen Krieg mitten in Europa.

Wir - das sind einfache Bürgerinnen und Bürger,

Wir - das sind Politikerinnen und Politiker,

Wir - das sind aber auch gesellschaftliche Gruppen, die sich um Frieden bemühen.

Eine solche ist auch der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, als dessen Landesvorsitzender ich Antworten auf drei Fragen suche:

1. Was passiert da vor unserer europäischen Haustür?

2. Was sind die Ursachen für diese Katastrophe?

3. Wie ist diese möglichst schnell, aber auch nachhaltig zu beenden?

Zu 1:

Just am Tag nach dem 100. Jahrestag der Gründung des ersten Thüringer Landesverbandes im Volksbund wurde direkt vor unserer europäischen Haustür ein Tabu gebrochen: Russland versucht einen politischen Konflikt mit der benachbarten Ukraine militärisch zu lösen.

Seit mehr als 30 Jahren versuchen wir als neu gegründeter Landesverband einen Beitrag dafür zu leisten, dass so etwas in Europa nie mehr passiert.

Seit an Seit mit russischen, weißrussischen und ukrainischen Jugendlichen haben Thüringer Jugendliche z. B. alljährlich vor allem auf osteuropäischen, aber auch Thüringer Kriegsgräberstätten nicht nur Pflege-, sondern beste Versöhnungsarbeit über den Gräbern geleistet, über den Gräbern aller Europäischer Nationen, über den Gräbern von Soldaten und von Zivilisten, über den Gräbern zweier Weltkriege.

Schlimm genug, dass unser Landesverband schon seit der Okkupation der Krim die uns zugewiesene Betreuung der Deutschen Kriegsgräberstätte bei Sewastopol nicht mehr leisten kann.

Nun müssen wir auch noch erfahren, dass es frische Kriegsgräber auf der Krim, wie in der ganzen Ukraine, also mitten in Europa gibt!

Wir trauern um jedes Kriegsopfer, ob ukrainisch, ob russisch, ob Soldat oder Zivilist.

Auch wir bekommen verzweifelte Nachrichten von unseren ukrainischen Volksbund-Partnern, dass sie sich auf der Flucht vor den russischen Invasoren befinden.

Wir versuchen zu helfen und beten für ihre Sicherheit.

Zu 2:

Unsere Versöhnungsarbeit über den Gräbern führt die jugendlichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei ihrer Spurensuche immer wieder auf das Gift des Nationalismus als eigentliche Ursache für die kriegerischen Katastrophen des 20. Jahrhunderts.

Und obwohl der deutsche Nationalismus mit imperialen Träumen in den 1. Weltkrieg schlitterte und schließlich in Verbindung mit einem grauenhaften Rassismus zu den abscheulichsten Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg führte, sind unsere deutschen Teilnehmerinnen und Teilnehmer immer wieder berührt davon, dass sie in die Versöhnungsarbeit der leidtragenden Nationen aufgenommen werden.

Dieser europäische Heilungsprozess wird nun durch den Tabubruch Putins empfindlich gestört.

Und die eigentliche Ursache dieses Zivilisationsbruchs ist wieder der Nationalismus, diesmal des Putin’schen Nationalismus, der von der Wiedererrichtung eines russischen Imperiums träumt und dabei seinen Nachbarnationen keine Souveränität zugestehen will.

Besonders gereizt wird der Autokrat Putin offensichtlich von solchen Nachbarn, die mit zunehmendem Erfolg den Weg einer freiheitlich demokratischen Nation gehen und sich selbstbestimmt mit Gleichgesinnten Nationen zusammenschließen wollen.

Zu 3:

Dieser neue Nationalismus ist gefährlich – nicht nur für die Ukraine, sondern für ganz Europa.

Deshalb fordere ich im Namen unserer Mitglieder und Mitarbeiter als erste und unmittelbare Maßnahme zur Beendigung von Gewalt und Tod den sofortigen Abzug der russischen Truppen aus der Ukraine und volle Anerkennung deren Souveränität.

Darüber hinaus stimme ich einer unserer weißrussischen Mitarbeiterinnen zu, die uns gestern schrieb:

„Ich, eine Bürgerin der Republik Weißrussland, lehne die Nutzung des Territoriums meiner Heimat Republik Weißrussland für Aggression gegenüber dem brüderlichen Volk der Ukraine ab. Ich fordere den Abzug der russischen Truppen aus Weißrussland. Ich möchte, dass mein Land eine sichere Zone wird und nicht Teil von Aggression ist.“

Und schließlich begrüße ich die jüngsten und überfälligen Beschlüsse der Bundesregierung, die auf einen nachhaltigen Schutz vor neuen nationalistischen und imperialistischen Gefahren in Europa gerichtet sind. Möge es unseren Politikerinnen und Politikern gelingen, bei aller gebotenen Eile in der „180 Grad Kehrtwende“ nicht schwindelig zu werden und das Augenmaß nicht zu verlieren.

Dazu gehört auch, unsere Freundschaft zum russischen Volk zu bewahren! Deren mutigste Vertreter stehen wie wir auch auf der Straße und demonstrieren unter weitaus gefährlicheren Bedingungen ihre Solidarität mit dem Ukrainischen Brudervolk. Sie sind unsere stärkste Hoffnung auf eine nachhaltige Lösung des Konfliktes.

Verfasser: Dr. Michael Krapp

Friedensgebet für die Menschen in der Ukraine